Gendern – die einen können ausführlichst darüber diskutieren, andere haben die Nase bereits voll von all den neuen To-Do’s und Not-To-Do’s.
Dass Frauen nicht immer nur mitgemeint sein wollen, ist wohl allen klar – man(n) stelle es sich einfach mal umgekehrt vor. Und was spricht dagegen, beide Geschlechtsformen zu nutzen und auch zu schreiben? Die paar Buchstaben zusätzlich? Das bisschen mehr Zeit? Daran kann es nun wirklich nicht liegen!
Dass das Thema älter ist, als manche glauben, zeigt mir mein Blick ins altehrwürdige graugrüne „Bildungsbüchlein“ (uii, schon dieser Diminutiv!), in dem früher alle besuchten Weiterbildungen von Hand eingetragen werden konnten. Tatsächlich, bereits 1997 besuchte ich den Kurs „Zeitgemäss schreiben“. Dort lernten wir unter anderem, wie in einem Text die weibliche und die männliche Form elegant berücksichtigt werden können.
Doch inzwischen reicht das nicht mehr. In der gesprochenen und geschriebenen Sprache sollen auch die Geschlechtervielfalt, die verschiedenen Geschlechtsidentiäten wie Trans- und non-binäre Personen berücksichtigt werden.
Dass dies nicht einfach so von einem Tag auf den anderen passiert, versteht sich von selbst. Sprache bildet die Gesellschaft ab, Sprache beeinflusst unser Denken und unsere Wahrnehmung, übernimmt Strömungen (immer verzögert und selten zeitnah). Jene, die sich im Alltag intensiver mit Sprache und ihrer Wirkung beschäftigen, werden sich schneller an neue Schreib- und Sprechweisen gewöhnen und sie übernehmen – ausser jemand entscheidet sich bewusst dagegen. Andere, die sich „sprach- oder schriftferner“ bewegen, werden länger dafür brauchen, die neuen Formen in ihren aktiven Sprach- und Schriftwortschatz zu integrieren.
Wer die Diskussion um das Thema mit einer gewissen Distanz beobachtet, dem/der fällt auf, dass die Fronten bereits ziemlich verhärtet sind, sich beide Seiten in ihrem Selbstverständnis angegriffen fühlen. Etwas mehr Gelassenheit täte not und sich offen zeigen für neue gesellschaftliche Bedürfnisse. Sprache und schriftlicher Ausdruck werden sich verändern, tun das sowieso laufend. Diese Entwicklung kann durch aktives Darauf-Aufmerksam-Machen beschleunigt werden, am Gras ziehen nützt aber – wie überall – nichts.
Nachfolgend einige nützliche Links und App-Vorschläge zum Thema
Genderstern? – nachgefragt in einer Berufsmittelschule
Tipps von Paarform bis Genderstern – So können Sie gendern | Tages-Anzeiger (tagesanzeiger.ch)
Leitfaden zum geschlechtergerechten Formulieren (admin.ch)
Duden | Geschlechtergerechter Sprachgebrauch
Gender-App ist ein Online-Wörterbuch für gendergerechte Sprache und funktioniert ähnlich wie Online-Übersetzungstools. Man tippt den Begriff ein, den man gendern möchte, und erhält diverse Vorschläge. Entwickelt wurde die Gender–App in der Schweiz, unter anderem mit Unterstützung der Abteilung Gleichstellung von Frauen und Männern des Kantons Basel–Stadt.
Auf Genderleicht.de finden Sie eine Übersicht über die verschiedenen Formen, Beispiele für Schreibweisen und eine Checkliste für gendersensibles Schreiben.
Auf Geschicktgendern.de finden Sie im Genderwörterbuch zahlreiche Alternativen zu Ausdrücken wie Absender, Wirt oder Kunde.
Fairlanguage.com bietet ein Autokorrekturtool für gendergerechte Sprache, es funktioniert unter anderem als Browser-Extension.
Beitrag von Brigit Weiss, Blogteam Mediathek
Foto: Pixabay (THX!)