Riittas Buchtipp
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67 Grad nördliche Breite – Familienalltag im Hohen Norden

Der Roman „Nordlicht – Südlicht“ erzählt vom Leben der Familie Korhonen im menschenleeren Lappland. Die Gemeinde umfasst 12.415 km² mit nicht einmal einem Einwohner pro km² – also keine Nachbarn weit und breit! Zur nächsten grösseren Ortschaft, Sodankylä, sind es 50 km.

Der 10-jährige Lenne fährt täglich per Taxi in die Schule. Für Kinder in den Aussenbezirken ist dieser Transport kostenlos. Das Mittagessen nimmt er, wie alle finnischen Kinder, in der Schule ein. Eigentlich lernt er gerne Neues, doch in letzter Zeit muss er öfters nachsitzen. Manchmal ist er aggressiv oder stört mit witzigen Einlagen den Unterricht. Wohl deshalb, weil die nächtlichen Streitereien seiner Eltern ihn beunruhigen. Seine Geborgenheit ist in Gefahr. Zu Hause, am Ende einer langen, rumpligen Schrotterstrasse, wartet sein Hund Vekku auf ihn. Der Lappenspitz ist ein treuer Freund. Mit ihm und Topi, einem Klassenkameraden, verbringt er seine Freizeit.

Lennes Mutter Marianne war als Studentin dem Zauber Lapplands, „Lapin taika“, erlegen. Nichts konnte sie zurück in den Süden locken. Die langen dunklen Winter mit der knisternden Kälte störten sie nicht, geht doch im Sommer die Sonne dafür nur kurze Zeit unter. Und dann war da noch der junge Rentierhalter Jouni mit seinen braunen Augen und schwarzen Haaren. Auch er: Exotik pur!

Es ist ein einsames Leben in dieser weiten, unberührten und ruhigen Landschaft. Eisangelwettbewerbe, Jagdausflüge und Rentierscheidungen. Gehen da nicht die Fähigkeiten einer begabten, jungen Frau verloren? Das einst verliebte Paar gerät in eine Krise und der neue Lehrer aus dem Süden macht die Sache noch schlimmer. Auch er hadert mit seinem Schicksal.

Der Autor hat in Lappland studiert und gearbeitet. Als Grundschullehrer kennt er das Thema seines ersten Romans bestens, er hat ähnliche Situationen beobachten können und zeichnet seine Charaktere sehr feinfühlig und ohne zu verurteilen nach. Er versteht auch die verletzte Seele der Kinder gut.
Sehr bildreich und oft humorvoll beschreibt er die Perspektive der vier Protagonisten, deren Leben miteinander in Verbindung steht. Neugierig verfolgt man die Entwicklung der Figuren, manchmal betroffen, manchmal schmunzelnd. Der gesellschaftliche Konflikt zwischen dem Süden und dem Norden ist allgegenwärtig. Das Zusammenleben eines heimatverbundenen Nordlichts mit einem Südlicht ist mehr als anspruchsvoll. Und umgekehrt ebenfalls. Mehr sei hier nicht verraten …

Buch_Nov_Mediathek2Mentula, Mooses: Nordlicht – Südlicht : Roman
Weidle Verlag, Bonn, 2014; 263 Seiten;
ISBN 978-3-938803-67-7

Text: Riitta Wiss

GIBZ Mediathek, Zug

0 Kommentare deaktiviert für Riittas Buchtipp 2423 17 November, 2015 Media November 17, 2015

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