Corona-Tagebuch einer FAGE-Lernenden – Teil 2
Corona-Tagebuch einer FAGE-Lernenden – Teil 2
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Corona-Tagebuch einer FAGE-Lernenden – Teil 2

Gestern erschien der erste Teil des Corona-Tagebuches einer FAGE-Lernenden.
Nachfolgend nun die Fortsetzung, die am ersten Arbeitstag nach den Ferien beginnt.
Viel Spass beim Lesen dieser frisch von der Leber weg geschriebenen Zeilen, die einen einzigartigen Einblick in das (Arbeits-)Leben einer angehenden Fachfrau Gesundheit in Zeiten von Corona geben…


Montag, 20.04.2020, 19:00
Der erste Tag Arbeiten nach fast zwei Wochen Ferien. Als wäre in den letzten zwei Wochen nichts passiert. Gewisse Patienten waren immer noch da und das Spital im Großen und Ganzen noch sehr leer. Was mir heute etwas zu schaffen gemacht hat, war die Maskenpflicht. Nach der längeren Pause fiel das Atmen nach einer gewissen Zeit etwas schwer. (Was ich nebenbei nicht vermisst habe, ist den ganzen Tag zu riechen, was man soeben gegessen hat XD.)
Wenn ich grade beim Thema bin, schreibe ich mal über die Vor- und Nachteile beim Tragen von chirurgischen Masken. Vorteile: Es ist egal, ob man nach dem Essen etwas zwischen den Zähnen hat, es sieht eh keiner. Dazu kommt das man gähnen kann wie und wo man möchte, dass sieht ebenfalls keiner. Das war es auch schon so ziemlich mit den Vorteilen. Was mich mit am meisten stört ist, dass man total schnell unfreundlich rüberkommt, also nicht dass ich damit böse aussehen würde oder so, nein nein. Das Problem ist, dass ich schnell vergesse, dass ich eine Maske trage und das niemand sieht das ich beispielsweise gerade lächle. Man ist in der Kommunikation also recht eingeschränkt, was die Transaktion mit den Patienten etwas erschwert. Dazu kommt, dass man auch lauter reden muss, was bei Patienten die schon eingeschränkt im Hören sind zur Heiserkeit am Abend führen kann… Ein weiterer Nachteil ist, dass, wenn ich die Maske nach einer gewissen Zeit abnehme, aussehe als hätte ich einen richtig heftigen Sonnenbrand (naja, so lange es nur so aussieht,  sollte ich mich ja eigentlich nicht beschweren. Es gibt viele Mitarbeitende, die Ausschläge im Gesicht von den Masken bekommen. Aber ansonsten gewöhnt man sich total schnell daran. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass die Maskenpflicht als Standardmassnahme bleibt, da es die Übertragung von Nosokomialen Infektionen ja schon etwas einschränkt. Also nicht wie jetzt, während der ganzen Arbeitszeit, sondern nur bei Patientenkontakt. Ich hoffe es mal nicht, aber vorstellen könnte ich es mir.

Ich denke, ich rede im Namen aller Mitarbeitenden, wenn ich sage, dass der schönste Moment am Tag der ist, die Maske nach der Schicht in der Garderobe ausziehen und in den Abfall werfen zu können!

Dienstag, 21.04.2020, 19:00
Um das Thema Maskenpflicht noch einmal anzuschneiden: heute ist etwas Lustiges passiert. Ich bin anscheinend nicht die einzige, die ab und zu vergisst, dass sie eine Maske trägt. Eine Kollegin wollte genüsslich einen Schluck Kaffee nehmen, vergass dabei die Maske und schüttete sich den (zum Glück nicht mehr heißen) Kaffee voll mitten ins Gesicht!
Heute war zu Hause Familie wieder das Thema. Bis die Grenzen wieder aufgehen, werden jetzt noch einige Wochen oder Monate vergehen. Das heißt, dass ich den Teil meiner Familie, die im Ausland lebt, seit bald seit einem Jahr nicht mehr gesehen habe. Eigentlich war ein Treffen über Ostern geplant, das ging ja leider nicht.
Das Thema belastet mich mit der Zeit mehr und mehr. Es stimmt mich im Großen und Ganzen einfach etwas traurig. Um so mehr wird halt telefoniert, aber es ist ja trotzdem nicht das Gleiche. Zum Glück geht es noch allen gut, ich hoffe es bleibt so.

Mittwoch, 22.04.2020, 20:00
Zurzeit genießen wir noch die Kurzarbeit. Nicht viel zu tun und um 14:00 schon nach Hause, so geht das jetzt schon die ganze Woche. Ab Montag geht es dann aber wieder richtig los, wenn die ersten geplanten Operationen wieder stattfinden… Aber auch diese Woche haben sich schon erste Lockerungen bemerkbar gemacht. Es wurden wieder Rosen geliefert, Zeitungen dürfen seit Montag wieder verteilt werden und die Zahl der Corona Infizierten Patienten sinkt täglich. Gestern Abend konnte auch der erste Patient von der Intensivstation auf die Allgemeine verlegt werden, was für ihn und auch für das Pflegeteam ein großes Highlight war bzw. einen großen Erfolg darstellte. Diese vielen kleinen Dinge haben bereits jetzt einen großen Einfluss auf das Arbeitsklima im Team und auch mit den Patienten.

Donnerstag, 23.04.2020, 19:30
Was ist eigentlich in Schweden los? Schweden ist ja zurzeit fast einzige EU Land, welches keinen Lockdown ausgerufen hat. Sie versuchen das Leben und vor allem die Wirtschaft so gut es geht am laufenden zu halten. Schulen, Geschäfte und Restaurants sind alle noch ohne spezielle Maßnahmen offen, dazu sind Versammlungen bis 50 Personen noch erlaubt. Sie setzen als einziges Land auf die sogenannte „Durchseuchung.“ Die Lage dort wird allerdings immer kritischer und die Zahl der Infizierten und schließlich Toten steigt. Ich persönlich finde diese „Regelung“ unverantwortlich, den viele Opfer hätten durch kleine Einschränkungen im öffentlichen Leben sicher vermieden werden können. Ich meine, hätten wir es gleich gemacht wie Schweden, möchte ich nicht wissen, wie hoch unsere Opferzahl nun wäre… Aber das ist meine Meinung.
Schweden hat die auch zurzeit die Höchste Infektionszahl in ganz Skandinavien. Besonders hoch ist die Zahl auch in den Altersheimen dort. Ich denke allein dieser Fakt sollte Grund genug sein, die Maßnahmen dort zu verschärfen. Laut den aktuellen Nachrichten sieht es in Zukunft allerdings nicht danach aus…
Ich bin froh so, wie es hier in der Schweiz abläuft. Natürlich vermisse ich „das normale Leben“, aber alle Maßnahmen haben Wirkung gezeigt und die Krise hatten wir bis jetzt guter unter Kontrolle.

Freitag, 24.04.2020, 20:00
Bei folgender Nachricht war ich mir nicht ganz sicher ob ich lachen oder weinen soll…: „Nach Trumps Aussage, 30 Amerikaner tranken Desinfektionsmittel. Ebenfalls hatte Trump am Donnerstag darüber nachgedacht, Desinfektionsmittel zu spritzen.“ Wie dumm ist das denn bitte? Langsam zweifle ich wirklich am gesunden Menschenverstand! Weiter im Text steht, dass Trump es „interessant“ fände, Menschen Desinfektionsmittel zu spritzen, um herauszufinden, ob dies gegen das Corona Virus helfe. Frei nach dem Motto, wenn das außen funktioniere, könne es doch auch innen nicht ganz falsch sein.
Folgend auf diese (meiner Meinung nach absolut hirnlosen) Nachricht warnen Experten dringend davor sich Desinfektionsmittel zu injizieren, da die Prozedur lebensgefährlich ist.

Montag, 27.04.2020, 21:15
Heute ist in Sachen Lockdown einiges passiert… Als ich die 20min App heute Mittag geöffnet habe, kamen mir folgende Nachrichten entgegen: ewig lange Schlangen vor Baumärkten, Ansturm auf McDonalds Filialen, überfüllte Kosmetikstudios, usw…
Da ich in den Ferien viel Zeit vor der Nähmaschine verbracht habe, haben wir den Tag genutzt und sind in einen Baumarkt gefahren, um neues Material zu kaufen (und um ehrlich zu sein, auch ein wenig aus Neugierde). Der Laden war schon sehr voll, aber wir mussten nicht anstehen. An den Kassen hat das mit dem Abstandhalten eigentlich sehr gut funktioniert, ABER in den Gängen im Laden keine Spur von 2m Abstand. Wir haben uns bemüht immer zu warten und Kontakt zu vermeiden, aber den meisten Leuten waren die Regelung so was von egal und wir wurden eher blöd angeschaut, weil wir gewartet haben. Eigentlich schade, es könnte alles so gut funktionieren.
Naja, ich denke es wird jetzt nach den ersten Lockerungen nicht mehr großartig viel passieren. Man wird es in den nächsten drei Wochen nach der Inkubationszeit ja sehen, ob die Zahl der Neuansteckungen wieder nach oben gehen oder ob sie weiterhin sinken. Ich hoffe natürlich auf Letzteres…

Dienstag, 28.04.2020, 20:00
Wir haben uns heute viele Gedanken bezüglich unseres Sommerurlaubes gemacht. Eigentlich hätten wir zwei Wochen auf einem Campingplatz in Italien verbracht. Nun sieht es zwar so aus, dass die Campingplätze in im Juni wieder aufmachen, nur fraglich ist ob den die Grenzen ebenfalls öffnen. Reservieren konnte wir vor ein paar Tagen, nun mal abwarten was draus wird. Ansonsten schauen wir halt mal ein paar Campingplätze in der Schweiz an, ist ja auch sehr schön 🙂
Heute habe ich gelesen, dass ein möglicher Corona-Impfstoff im September auf den Markt kommen soll. Forscher aus Oxford konnten den von ihnen entwickelten Impfstoff bereits erfolgreich an Rhesusaffen testen. Als nächstes folgen Tests an über 6000 Menschen. Wenn diese dann ebenfalls positiv laufen würden, wäre das ja ein super Fortschritt für die kommende Zeit. Also ich denke, mit einem Impfstoff wird das Problem nicht aus der Welt sein, denn der Virus verändert sich ja mit der Zeit auch. Aber es würde uns schon viel weiterhelfen und vielleicht wieder ein „normales“ Leben ermöglichen.

Mittwoch, 29.04.2020, 22:00
Heute kam die überraschende Nachricht, dass ab dem 11. Mai alle Läden, Märkte, Museen, Bibliotheken uns sogar die Restaurants wieder öffnen dürfen! Also damit hätte ich ja wirklich so schnell nicht gerechnet. Darüber bin ich wirklich froh. Das ist meiner Meinung nach schon wirklich ein sehr großer Schritt in die richtige Richtung. Ebenfalls öffnen Primar- und Sekundarschulen wieder. Nur müssen wir in der Berufsschule noch einen Monat warten. Ich weiß, dass das alles schon seinen Sinn und Zweck hat, dass alles langsam geöffnet werden muss. Aber das fällt mir schon zurzeit am schwersten. Das Homeoffice hat schon auch seine Vorteile, länger schlafen, sich die Aufgaben und Zeit selber einteilen können, usw… Ich habe schon das Gefühl, dass ich alles erledigt habe und den Unterrichtstoff soweit im Griff. Aber je länger diese Schulpause dauert, desto mehr fühlt es sich an als hätte ich etwas verpasst oder das mir irgendwie Stoff fehlt. Das stresst mich am Abend teilweise etwas. Aber das wird schon, auf ein paar Wochen mehr oder weniger kommen ja nun auch nicht mehr darauf an. Bis dahin genieße ich einfach noch die Vorteile.

Donnerstag, 30.04.2020, 20:45
Wie die letzte Minute des Waschdurchgangs der Waschmaschine, so fühlte sich irgendwie der April an. An sich eine kurze Zeit, dauerte gefühlt aber ewig. Heute ist der letzte Tag des Tagebuchs, daher nutze ich den Eintrag, um mein Fazit zu schreiben. Das war das erste Mal, dass ich so in dieser Art ein Tagebuch geschrieben habe. Ich muss wirklich sagen, dass es echt gut tat, sich jeweils Abends bewusst hin zu setzen und sich nochmal Gedanken über den Tag zu machen. Man nimmt den Tag irgendwie „bewusster“ war und denkt trotz schlechten Tagen an die guten Dinge, die einem heute passiert sind. In diesem Monat hat sich in Sachen Corona wirklich viel getan. Jetzt gegen Ende wurde die Lage immer besser. Wenn ab dem 11.Mai noch weitere Lockerungen in Kraft treten, merkt man persönlich schon nicht mehr viel von der ganzen Krise. Und es dauert auch nicht mehr lange, bis wir endlich wieder in die Schule gehen können.
Ich muss sagen, ich denke, ich werde vielleicht nicht mehr jeden Tag einen Eintrag schreiben, aber sobald mal wieder etwas wirklich Spannendes passiert oder ich mir einfach ein paar Gedanken aus dem Kopf schreiben möchte, werde ich hier weiterhin Einträge schreiben. Ich schreibe wirklich gerne und diese freiwillige Aufgabe hat mir einfach echt gezeigt, dass man abends IMMER ein wenig Zeit hat und dass es auch wirklich wirklich gut tut!

Text: FAGE Lernende [Name der Blogredaktion bekannt] >>> Herzlichen Dank! Welch beeindruckender Text 🙂
Fotos: R. Pauli
Bearbeitung: Brigit Weiss, Blogteam

5 Kommentare deaktiviert für Corona-Tagebuch einer FAGE-Lernenden – Teil 2 1613 15 Mai, 2020 AKTIV Mai 15, 2020

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